In der Hildesheimer Dombibliothek gibt es einen sehr großen Anteil von Büchern, die noch ihren originalen Einband besitzen. Teilweise sind diese mehrere hundert Jahre alt – und nicht immer sachgerecht aufbewahrt worden. Entsprechend groß ist auch der Konservierungsbedarf. Gemeinsam mit der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) hat die Dombibliothek Erhaltungsmaßnahmen geplant, die nun mit Studierenden der HAWK in die Tat umgesetzt werden.
Als älteste Bibliothek Norddeutschlands, die seit der Gründung des Bistums vor rund 1200 Jahren besteht, bewahrt die Dombibliothek einzigartige Bestände mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Handschriften sowie bedeutende Sammlungen historischer Druckwerke auf. Vor allem jene Bestände, die während der Kriegszeiten und darüber hinaus über Jahrzehnte nicht immer sachgerecht aufbewahrt wurden, haben dies nicht unbeschadet überstanden: „Die gealterten Einbandmaterialien sind insbesondere im Bereich des Buchrückens und der Gelenke stark beschädigt“, erläutert die Leiterin der Dombibliothek, PD Dr. Monika Suchan.
Bereits 2018 haben Dombibliothek Hildesheim und die HAWK mit der Planung und Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen vor allem für die zahlreichen, gefährdeten Ledereinbände begonnen. Die konservatorischen Maßnahmen, die zum Einsatz kommen sollen, wurden im Sommersemester 2019 entwickelt. Die Masterabsolventin Juliane Girndt erarbeitete sie in ihrer Abschlussarbeit „Entwicklung eines Konzepts für die stabilisierende Konservierung alaungegerbter mittelalterlicher Ledereinbände der Dombibliothek Hildesheim.“ Mit der Umsetzung des Konzepts wird jetzt begonnen: „Studierende werden die neuen Maßnahmen erlernen und anschließend durchführen“, berichtet Suchan.
„Zu Beginn jeder konservatorischer und restauratorischer Arbeit erfolgt die Dokumentation des vorgefundenen Erhaltungszustands“, erklärt Professorin Ulrike Hähner, Leiterin der Studienrichtung Schriftgut, Buch und Grafik der HAWK. Die Studierenden sollen bei dieser Tätigkeit die unterschiedlichen äußeren mechanischen und atmosphärischen Einwirkungen auf die historischen Materialien und die Bindung der Bücher erkennen, aufzeichnen und interpretieren können. Sie müssen diese Veränderungen bei den Konservierungsarbeiten später berücksichtigen.
Doch digitale Aufnahmen machen diese Spuren für die Studierenden nur zu oberflächlich erfahrbar. Aus diesem Grund haben Hähner und Suchan beschlossen, eine traditionelle Hilfstechnik der Wissenschaft, die Zeichnung, einzubeziehen. Dafür konnten sie den Künstler Hannes Möller gewinnen, der für seine detailgenauen Darstellungen von Buchrücken und -schnitten bekannt ist. Zu seinen großen Projekten gehören beispielsweise „Die verlorene Bibliothek“ (von Kloster Eberbach) und die „Brand- und Aschebücher“ der Herzogin Anna Amalia Bibliothek.
Drei Tage hat Hannes Möller mit den Studentinnen Details der originalen Einbände gezeichnet und Zeichentechniken erklärt. „Das sind jene Bücher, die in den kommenden Wochen behandelt werden sollen“, sagt Suchan. Die Aufgabenstellung beinhaltet das Erfassen von Materialzuständen anhand äußerer charakteristischer Merkmale. Die Zeichnungen und daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen die Studierenden bei den praktischen Arbeiten an den Büchern unterstützen und sie werden somit gleichzeitig den Vorzustand dokumentieren.
Künstler Hannes Möller, HAWK-Professorin Ulrike Hähner und die Leiterin der Dombibliothek, Dr. Monika Suchan (stehend von links) begutachten mit den Studentinnen Carla Burkard und Jaqueline Näthe die Schäden an einem frühneuzeitlichem Buch. (Bild: Funk/bph)
Links zum Thema:
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